Grundsätzlich werden in einem Netzwerk alle Datenpakete gleichbehandelt. Das kann bei hoher Auslastung zu Konflikten führen. Denn unterschiedliche IT-Anwendungen haben unterschiedliche Ansprüche an Bandbreite/Übertragungskapazität (Bandwidth), Laufzeitverzögerungen (Delay), Laufzeitschwankungen (Jitter) und Paketverluste (Packet Loss).
Während beim Download einer Datei Schwankungen meistens hinnehmbar sind, nervt ein ständig ruckelnder Videostream gewaltig. Noch gravierender sind Beeinträchtigungen bei der IP-Telefonie „Voice over IP“ (VoIP). Hier ist die sogenannte Dienstgüte – so die deutsche Übersetzung von Quality of Service – elementar.
VoIP beansprucht zwar nicht viel Bandbreite, stellt aber besondere Anforderungen an die Übertragung. Denn als Echtzeit-Anwendung wirken sich hier Verzögerungen oder Paketverluste negativ aus. Es kommt zu Störungen oder Unterbrechungen bei der Sprachübertragung. Nicht anders bei der Videoübertragung: Fehlende Bild-Fragmente führen insbesondere bei komprimierten Videostreams zu einer verpixelten Wiedergabe oder Unterbrechungen. Kommt jedoch eine E-Mail ein paar Sekunden später beim Empfänger an, fällt dies nicht oder nur kaum ins Gewicht.
Um dieses Problem zu beheben, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen ließe sich das Netzwerk überdimensionieren, um mehr Bandbreite als benötigt zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Möglichkeit: Reservierung von Bandbreite für bestimmte Anwendungen entsprechend dem Resource Reservation Protocol (RSVP), mit dem Router ihre Bandbreite dynamisch verwalten können. Damit können für bestimmte Anwendungen, etwa für die Übertragung von Videoströmen, bestimmte Übertragungsraten für einzelne Verbindungen reserviert werden. RSVP eignet sich aber nicht für große Datennetze. Hier bietet sich MPLS (Multiprotocol Label Switching) als Alternative an. Mittels MPLS lassen sich Datenpakete entlang eines zuvor aufgebauten Pfads in einem IP-Netz priorisiert routen. Es wird überwiegend von großen Internetprovidern für Sprach- und Datendienste auf Basis von IP eingesetzt.
Eine weitere und auch naheliegende Lösung ist die Priorisierung einzelner Ports am Switch. Doch sie funktioniert nur in lokalen Netzen und ist sehr aufwändig zu realisieren, sobald mehrere Switche miteinander verbunden sind. Ein weiteres Manko: Alle Dienste, die über einen priorisierten Port laufen, werden gleichbehandelt. Die Priorisierung ist dann de facto unwirksam. Die Konsequenz: Für ein wirklich funktionierendes QoS müssen die einzelnen Datenströme priorisiert werden. Dafür muss das Datenpaket selbst eine Kennung tragen.
Solange Daten im lokalen Netzwerk bleiben, kann die Kennung der Datenpakete über VLAN-Tags erfolgen. Das VLAN-Prinzip hatte ich Ihnen bereits in zwei vorherigen Beiträgen erläutert: Wie Sie mit virtuellen Netzen Sicherheit und Performance erhöhen! und VLANs in der betrieblichen Praxis.
Damit VLAN basiertes QoS funktionieren kann, muss jeder Switch, der an der Weiterleitung beteiligt ist, die Priorisierungs-Information aus dem VLAN-Tag lesen und das Paket seiner Priorisierung entsprechend weiterleiten. Da die Datenpakete anhand einer Skala von 1-128 frei priorisiert werden können, besteht jedoch die Gefahr, dass alle berechtigten User stets eine hohe oder gar die höchste Priorität vergeben und die Probleme damit bestehen bleiben.
Deshalb muss es einheitliche Regelungen geben, die auch außerhalb lokaler Netzwerke und auf internationaler Ebene funktionieren. Vier verschiedene Ansätze haben sich hierfür etabliert und sind international anerkannt:
Class of Service legt verschiedene Klassen von Datenübertragungen fest, denen die jeweiligen Datenpakete zugeordnet werden. Jede Klasse entspricht einer Priorität. Mit aufsteigender Zahl (1 = hoch, 6 = niedrig) sinkt die Priorität, mit der die Datenpakete übertragen werden.
Der Vorteil: Diese Klassen sind fest definiert und international gültig.
ToS steht für Type of Service. Das ToS-Feld ist ein Datenfeld im IP-Header. Mit den ToS-Informationen können Rechner netzwerkrelevante Dienstarten angeben. Dabei können verschiedene Parameter wie die Bandbreite, die Übertragungsgeschwindigkeit oder die Zuverlässigkeit, die Verzögerung oder der Datendurchsatz der Übertragung definiert werden. Im Prinzip wurde ToS durch DiffServ abgelöst.
Bei DiffServ wird die Klassifizierung und Markierung der Datenpakete auf Schicht 3 des OSI-Modells als Ergänzung zu IP durch den Sender vorgenommen. Die Router auf dem Weg zum Empfänger werten diese Markierung aus. Der Vorteil: DiffServ ändert nicht das IP-Paket. Lediglich das ToS-Feld im IP-Header wird anders interpretiert.
Das ToS-Feld im IP-Header wird deshalb auch als Differentiated Services Code Point (DSCP) bezeichnet. DSCP ist die Kombination aus den Feldern IP-Vorrang und Diensttyp. Um mit älteren Routern zu arbeiten, die nur IP-Vorrang unterstützen, werden DSCP-Werte verwendet, da sie mit IP-Vorrangfeldern kompatibel sind.
Ob Bandbreite, Laufzeitverzögerungen oder Paketverluste: Unterschiedliche Anwendungen haben unterschiedliche Ansprüche an die Dienstgüte der Übertragung. Wer dafür sorgen will, dass alle Anforderungen erfüllt werden, muss sich mit der Priorisierung seiner Daten befassen und kommt auch nicht an Quality of Service vorbei. Doch das Thema ist enorm vielfältig. Die meisten Aspekte konnten daher nur angeschnitten werden. Wir werden sie in zukünftigen Dr. Lan Newslettern noch ausführlicher behandeln. Wenn Sie schon jetzt mehr zum Thema QoS erfahren möchten, stehen Ihnen die qualifizierten KTI Netzwerk-Experten gerne beratend zur Seite.